Vorwärts immer, rückwärts nimmer“, lautete die berühmte Losung von Erich Honecker, dem Staatsratsvorsitzenden des Deutschen Demokratischen Republik. Dieses Motto sollte natürlich auch für die Feierlichkeiten zum 40-jährigen Bestehen der DDR gelten, die am 6. und 7. Oktober 1989 über die Bühne gingen. Wie es sich für den runden Geburtstag eines Regimes gehört, wurde alles aufgefahren, was zu einer sozialistischen Militärparade dazugehört – ungeachtet der politischen Stimmung im Land. Tausende Soldaten, Panzer und anderes Kriegsgerät zogen am 7. Oktober zwischen Strausberger und Alexanderplatz die Karl-Marx-Allee hinab. Eine pompöse, aber letztlich hohle Machtdemonstration, wie sich bald zeigen sollte.
Dass die Dinge in der DDR längst nicht mehr zum Besten standen, bewiesen bereits die Ereignisse im Vorfeld der Parade. So sagten geladene Festgäste ihre Teilnahme kurzfristig ab. Menschen, die für eine Ordensverleihung vorgesehen waren, glänzten durch Abwesenheit. Nicht jeder wollte auf der Festtribüne (siehe Titelfoto) zu sehen sein und so mit einem untergehenden Staat in Verbindung gebracht werden.
Rufe Richtung Gorbatschow
Den Tiefpunkt erlebte Michail Gorbatschow am Vorabend live mit: Der Präsident der Sowjetunion – ohnehin schon eher widerwillig angereist – verfolgte den Fackelzug der Freien Deutschen Jugend mit. „Abertausende junge Gesichter, Trommelwirbel, Scheinwerfer – ein beeindruckender Anblick“, schrieb „Gorbi“ später in seinen „Erinnerungen“. Irritierend waren indes die lauten Rufe aus der Menge, die sich der Staatsmann flugs übersetzen ließ: „Gorbatschow, rette uns!“ Eine Ohrfeige für das Politbüro, zumal die Marschierer eigentlich handverlesen sein sollten.
Anderenorts brach sich der Unwille mit der eigenen Regierung noch deutlicher Bahn. Während des Festbankettes im Palast der Republik versammelte sich eine große Anzahl an Demonstranten vor dem Gebäude. Die Menschen skandierten „Gorbi, Gorbi!“ oder „Demokratie – jetzt oder nie!“. Doch darauf hatte die Staatsmacht nur gewartet und schlug mit aller Härte zurück. Mehr als 1.000 Menschen wanderten in Haft, wurden misshandelt und geschlagen. Die Berichterstattung in den West-Medien dokumentierte das Desaster.
Nur zwei Tage später, am 9. Oktober, manifestierte sich der Zusammenbruch der Deutschen Demokratischen Republik weiter. Bei der wöchentlichen Montagsdemonstration kamen in Dresden rund 70.000 Menschen zusammen. Obwohl die Regierung etwa 13.000 Einsatzkräfte zusammengezogen hatte, um den Widerstand zu unterbinden, musste sie vor dieser Menge kapitulieren. Spätestens an diesem Abend wurde klar: Der Freiheitsdrang der DDR-Bürger würde sich nicht mehr lange unterdrücken lassen.
Titelbild: imago

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