In Nordrhein-Westfalen ist es seit einigen Jahren ein vertrautes Bild: Vor den Restaurants und Kneipen steht ein Grüppchen Raucher und genießt seine Zigaretten. Im Winter treten die Menschen dabei oft von einem Bein aufs andere, damit die Kälte nicht so in die Glieder zieht. Denn seit dem 1. Mai 2013 gilt in diesem Bundesland ein äußerst drakonisches Nichtraucherschutzgesetz. Seither herrscht in allen öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten ein striktes Rauchverbot, das die Landesregierung aus SPD und den Grünen durchgesetzt hatte.
Damit waren die Zeiten einer vergleichsweise moderaten Übergangslösung vorbei. Galt doch bis 2013 eine Reihe von Ausnahmen, die es unter bestimmten Umständen erlauben, sich in geselliger Runde zum Bierchen, beim Feiern oder Kegeln eine Fluppe anzuzünden. Im Rahmen von Brauchtumsveranstaltungen wie zu Karneval oder bei Schützenfesten beispielsweise war das Rauchen gestattet. Gastronomen hatten außerdem die Möglichkeit, separate Räume einzurichten, in denen keiner an einem „Glimmstängel“ Anstoß nahm. Viele Wirte hatten daher große Summen in die Hand genommen, um die Umbaumaßnahmen zu finanzieren. Diese Investitionen erwiesen sich jedoch mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes als herausgeschmissenes Geld, was viele Betreiber in existenzielle Nöte brachte.
Der Blick über die Grenzen des bevölkerungsreichsten Bundeslandes hinaus belegt indes, dass solch scharfe Regelungen anderenorts kaum üblich sind. Lediglich in Bayern und dem Saarland ist die Gesetzeslage genauso streng. In den übrigen 13 Bundesländern gelten nach wie vor diverse Ausnahmen, die vergleichbar mit der Situation in NRW vor der Verschärfung sind. Was die Frage aufwirft, warum die Konsumenten im Westen der Republik derart bevormundet werden. Sie könnten ja ebenso gut selber entscheiden, ob sie ein Lokal mit Raucherlaubnis aufsuchen möchten. Und Kellner wie Servicekräfte sind nicht gezwungen, in einem solchen Etablissement zu arbeiten.
Die unterschiedliche Auslegung des Nichtraucherschutzgesetzes gilt im Übrigen auch für andere Bereiche des täglichen Lebens. Zwar dominiert allgemeiner Konsens, dass das Rauchen in Gesundheitseinrichtungen nicht erwünscht ist. Es gelten allerdings selbst in dieser Branche einige Sonderregelungen, etwa in Hospizen oder psychiatrischen Kliniken. In Behörden, Schulen, Kultureinrichtungen oder Sporthallen ist die Lage durchaus vergleichbar mit der in der Gastroszene – viele Bundesländer billigen Tabakwaren, wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind. Nur Nordrhein-Westfalen bleibt immer hart. Einzige Ausnahme: Das Land gestattet in Einzelfällen das Paffen in Hafträumen von Justizvollzugsanstalten. Dumm nur, dass dort die wenigsten Raucher leben möchten.
Titelbild: stock.adobe.com

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