Ewig mahlen die Mühlen der Bürokratie – auch die Verbraucherschutzbehörde stellt da keine Ausnahme dar. Ihre Aufgabe besteht darin, den Konsumenten möglichst unkompliziert und wirkungsvoll in seinen Rechten und Anliegen zu unterstützen. Aber auch hier muss sich an Gesetze, Richtlinien und Verfahren gehalten werden. Zu welchen Absurditäten eine Ordnungswut führen kann, machen folgende Fälle deutlich …
Die Limo, die keine sein durfte
Anfang des Jahres hat der Verbraucherschutz entschieden, dass ein Getränke der Marke „Lemonaid“ nicht süß genug sei. Der Hamburger Bio-Hersteller ist darauf bedacht, den Zucker in seinen Limos möglichst zu reduzieren. Theoretisch eine gute Sache, immerhin wünschen sich einer Studie zufolge 84 Prozent der Befragten weniger Zucker in Fertigprodukten. Lemonaid wurde dann allerdings durchs Amt abgemahnt – da eben die Sorte „Lemonaid Limette“ zu wenig Zucker enthalte. Denn: Laut den Leitsätzen für Erfrischungsgetränke des Deutschen Lebensmittelhandbuchs des Bundesernährungsministeriums muss der Mindestzuckergehalt einer Limonade bei sieben Prozent liegen. Diesen Satz bitte noch einmal lesen.
Das Getränk der Hamburger enthielt jedoch nur sechs Prozent Zucker. Somit darf es nicht als echte Limonade gelten und demzufolge nicht unter dieser Bezeichnung verkauft werden. Die zuständige Behörde verlangte Anpassung der Rezeptur oder eine Umbenennung in „Erfrischungsgetränk“. Dass sich die Verbraucherschutzbehörde diesem Sachverhalt überhaupt angenommen hatte, stößt auf doppeltes Unverständnis. Denn kurz zuvor hatte sie eine eigene Initiative gegen Zucker gestartet. Diese wurde als „Reduktions- und Innovationsstrategie“ ins Leben gerufen und sollte dazu führen, dass weniger Zucker, Salz und Fette in Fertigprodukten und Getränken verarbeitet werden. Es wurde auf freiwillige Mitarbeit der einzelnen Unternehmen gehofft. So wurden die Getränkehersteller beispielsweise dazu aufgefordert, den Zuckeranteil in ihren Getränken um 15 Prozent zu reduzieren. Ziel für die Umsetzung ist 2025. Übrigens: Da es Unverständnis hagelte, was den Fall Lemonaid anging, wurde die Abmahnung gegen die Firma wenig später zurückgenommen.
Pökeln ohne zu pökeln
Eine nicht weniger absurde Begebenheit spielte sich 2015 in Niedersachsen ab: Ein Bio-Metzger verwendete statt Chemie ein biologisches Produkt bei der Herstellung seiner Fleischwaren. Der Metzger wollte gemäß den Vorgaben des Ökoverbandes Bioland auf Nitritpökelsalz verzichten – Bioland schreibt seinen rund 120 zertifizierten Fleischern den Verzicht von Nitritpökelsalz bei der Verarbeitung vor, unter anderem wegen krebserregender Nitrosamine. Stattdessen setzte der Metzger bei der Herstellung Rote-Bete-Dicksaft und Bakterien zu. Der Effekt ist der gleiche wie bei Pökelsalz: Durch Nitrit entsteht ein Pökelaroma, und die Wurst wird rosarot. Ansonsten wäre sie eher grau.
Der Landkreis Hildesheim und das niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz beanstandeten dieses Bio-Verfahren. Der Rote-Bete-Dicksaft und ein ebenso verwendetes Zucchini-Pulver seien nicht zugelassene Lebensmittelzusatzstoffe. Dem Argument des Bioland-Fleischers, seine Gemüsezutaten seien ganz normale, nicht genehmigungspflichtige Lebensmittel, folgten die Bundesrichter nicht.
Titelbild: stock.adobe.com

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